Bericht 
Vernissage ALT und ZORNIG fordert Publikum heraus
  
05.09.2009
D 27305 Bruchhausen-Vilsen
Ausstellung

Laudatio zur Ausstellung von Gert Schröder

Jürgen Moldenhauer und Friedel Schünemann haben sich im Verein ART-Projekt kennen gelernt und viele Gemeinsamkeiten in ihrem künstlerischen Schaffen entdeckt. Da liegt es nahe, dass sie auch ihre Arbeiten gemeinsam präsentieren wollten.

ALT & ZORNIG ist für eine Kunstausstellung ein ungewöhnlicher Titel, den es zu hinterfragen gilt. Es ist zuerst einmal ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich beide nicht mehr zu der jüngsten Generation von Künstlern rechnen, doch was sie hier in der Galerie zeigen, ist für mich ohne Frage junge, dynamische Kunst.

Auf dem zweiten Teil des Mottos, also ZORNIG, liegt sicherlich das Schwergewicht der Aussage.

Aktuelle Kunst hat andere Aufgaben als das, was gute und wichtige Künstler in früheren Jahrhunderten geschaffen haben. Schönheit und Gefälligkeit von Bildern und Skulpturen mit dekorativer Wirkung ist im Zeitalter der Fotografie und grandioser Reproduktionstechniken in den Hintergrund getreten.

Bildende Künstler haben inzwischen Themen aufgegriffen, die zuvor nur kritische Schriftsteller und Theaterautoren genutzt haben, nämlich sich kritisch mit der Gesellschaft und ihren Ungerechtigkeiten auseinander zu setzen.
Das ist natürlich keine plötzliche Entwicklung, sondern ein seit Beginn des letzten Jahrhunderts sich ständig weiterführender Prozess. Wohl jeder von uns hier im Raum ist irgendwann einmal mit Picassos GUERNICA – Bild vertraut gemacht worden, einem Bild, das 1937 als Anklage an den Krieg und speziell auf die Grausamkeiten der Legion Condor entstanden ist.

Der Zorn darüber, dass mit vernünftigen Aktionen von vernünftigen Menschen so wenig zu bewegen und zu verändern ist – was geändert werden müsste und sollte – steht hinter den Arbeiten, die Jürgen Moldenhauer und Friedel Schünemann hier heute zeigen. Kunst, die aufrütteln soll.
Sie werden beim Rundgang durch die Galerie bei jedem Werk direkte oder versteckte Botschaften entdecken, und, das ist das Schöne bei einer Vernissage, die Künstler stehen Ihnen zum Dialog zur Verfügung.

Auf einige Arbeiten möchte ich aber doch eingehen, weil sie mich in ihrer Aussage so tief berühren.

Nehmen wir das Bildobjekt GRÜZI MITEINAND von Jürgen Moldenhauer. Ein Bild, welches aus geschreddertem Geld besteht und damit, wenn auch farblich verändert, eine bekannte Landesflagge darstellt.
Nicht erst Herr Zumwinkel hat uns mit seiner Steuerflucht wieder deutlich gemacht, wie etliche reiche Menschen, die es sich mühelos leisten können, ihrer Steuerpflicht nachzukommen, trickreich ihre Reichtümer im Ausland verstecken.
Geld, das der Staat und somit die Allgemeinheit dringend benötigt, um soziale Aufgaben zu erfüllen. Während der so genannte OTTO-Normalverbraucher brav seine Steuern zahlt, suchen einige Millionäre Schlupflöcher im Ausland.

Wir stehen kurz vor der Bundestagswahl. Politiker versprechen vor der Wahl den Bürgern so viel, was nach erfolgreichem Wahlausgang nur noch Schall und Rauch ist. Wir, die Wähler, gehen diesen Politikern wie Fliegen auf den Leim.
Friedel Schünemann hat diese Situation großartig mit seinem Objekt FLY´S IN HEAVEN großartig, wie ich meine, dargestellt. Die altbekannten Fliegenfänger in den deutschen Landesfarben sind übersät mit Fliegen, die auf den Leim gegangen sind.

Welche Diskussionen hat es vor nicht langer Zeit um die Notwendigkeit von Abhöraktionen gegeben. Jürgen Moldenhauer hat einen ganzen Raum mit farblich unterschiedlichen Linoldrucken zum Thema LAUSCHANGRIFF ausgestaltet. Wenn Sie allein in diesem Raum stehen, dann haben Sie durchaus das Gefühl, dass auch Sie sich einem Lauschangriff nicht entziehen können.

Wasser ist ein kostbares Gut, das wissen wir alle, doch gehen wir immer richtig damit um? Friedel Schünemann mahnt uns, die Betrachter, mit seiner Skulptur WASSERSCHUTZ, bewusst und behutsam mit der Kostbarkeit Wasser umzugehen.

Ich sagte zu Anfang, dass sich beide Künstler im Verein ART-Projekt kennen gelernt und sich dort gedanklich ausgetauscht haben. Ich meine, es wäre schön, wenn beide jeweils ein Werk des Kollegen für uns kommentieren.

Beide Künstler haben auch etwas vorbereitet, was uns Vernissagebesucher direkt in diese Kunstausstellung mit einbezieht. Darauf bin ich sehr gespannt.

Gert Schröder